Wenn 15 von 18 Regionalliga-Trainer der Meinung sind, dass du aufsteigst, dann klingt das erstmal wie eine glatte Eins mit Sternchen. Blöd nur: Genau so sah es beim VfB Oldenburg vor einem Jahr auch aus – und die haben ihre Favoritenrolle dann so konsequent versemmelt, dass sie zwischenzeitlich eher Richtung Oberliga schielten als in die 3. Liga.
Und nun also Kickers Emden. Der Vizemeister der vergangenen Saison wird von den Trainerkollegen als Top-Favorit für den Sprung in den Profifußball gehandelt. Noch mehr Stimmen als der SV Meppen, noch deutlich vor dem VfB Oldenburg und Drochtersen/Assel. Selbst Lübeck taucht da nur noch als ferne Fußnote auf. Stefan Emmerling sagt dazu nur trocken: „Als Vizemeister wollen wir kein Understatement betreiben.“ Klar, bei 15 Stimmen wäre das auch etwas albern.
Sportdirektor Henning Rießelmann gibt sich dagegen abgeklärt: „Dafür können wir uns nichts kaufen. Wir müssen die PS auf die Straße bekommen.“ Schön gesagt – denn die letzten, die meinten, schon auf der Überholspur zu sein, standen nach vier Spieltagen mit Warnblinklicht am Straßenrand.
Sogar der VfB Oldenburg gehört zum Favoritenkreis
Die Konkurrenz bleibt jedenfalls höflich, aber nicht ganz ohne Spitzen. Besonders Björn Lindemann vom SSV Jeddeloh II hat es sich offenbar zur Aufgabe gemacht, seinen Nachbarn aus Oldenburg auf der Umfrageliste konsequent zu ignorieren. Der VfB wurde trotzdem von immerhin elf Trainern genannt, was vielleicht ein wenig einordnet, was von diesen Nennungen zu halten ist.
Richtig charmant wird es, wenn man den Blick auf die seltenen Trainer wirft, die sich trauen, die Dinge beim Namen zu nennen. Meppens Lucas Beniermann sagt klipp und klar, dass sein Ziel der direkte Wiederaufstieg sei. Und auch Drochtersens Oliver Ioannou meint unverblümt: „Kickers Emden ist der Top-Favorit, aber wir wollen bis zum Schluss oben mitmischen.“
Vorschusslorbeeren sind kein bekömmlicher Salat
Fazit: Die Favoritenrolle der Emder ist eine schöne Auszeichnung für die gute Arbeit der letzten Jahre. Aber Vorschusslorbeeren können auch ganz schön schwer im Rucksack liegen. Und manchmal blühen die, die keiner auf dem Zettel hatte – siehe TSV Havelse im Vorjahr.
Also Kickers: Nicht übermütig werden, sondern konsequent und konzentriert an die Aufgaben herangehen. Es wäre allerdings der denkbar beste Zeitpunkt für eine Meisterschaft, denn in dieser Saison steigt der Meister der Regionalliga Nord endlich wieder direkt auf.
Hauke