Einer von vielen Jublern bei Blau-Weiß Borssum. Foto: Katarzyna Siemers
Einer von vielenJublern bei Blau-Weiß Borssum. Foto: Katarzyna Siemers

Die Meldung, dass Thilko Boekhoff sein Traineramt beim Emder Fußball-Bezirksligisten Blau-Weiß Borssum zur Verfügung stellt, hat uns alle wohl kalt erwischt. Nichts deutete darauf hin, dass der sympathische 39-Jährige die Brocken hinwerfen könnte. Boekhoff und Borssum, das passte einfach perfekt zusammen, vor allem passt kein Blatt Papier dazwischen.  Zumindest war das der Eindruck, den Außenstehende hatten. Und, ja, auch ich hätte es nicht für möglich gehalten.

Umso überraschter war ich, als mich am Sonnabend eine kurze Nachricht auf dem Smartphone darüber informierte, dass Thilko Boekhoff nicht mehr Coach von Blau-Weiß Borssum sei. Von der Mannschaft, die er im April 2022 in Abstiegsgefahr in der Bezirksliga übernahm. Und obwohl der Klassenerhalt nicht mehr gelingen sollte, war die Truppe, die Boekhoff auf den Platz schickte, bereits bald eine ganz andere als die, die vorher so viele Punkte hat liegenlassen.

Ostfrieslandliga gerockt, Bezirksliga gesichert

Die Ostfrieslandliga 22/23 rockten die runderneuerten, zum Teil noch blutjungen Blau-Weißen dann komplett kaputt. 30 Spiele, davon wurden unglaubliche 26 gewonnen. Die einzige Niederlage setzte es am 23. Spieltag, im Spitzenspiel auf dem JFV-Kunstrasen an der Kesselschleuse, gegen den TuS Holtriem. Thorsten Lettau traf beim 3:4 (0:2) drei Mal, Paul Erik Heinze sah noch in der ersten Spielhälfte die rote Karte. Trotzdem war BWB ganz nah dran am Punktgewinn. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie aktiv Thilko Boekhoff sein Team von der Seitenlinie aus coachte. Wie er motivierte, Anweisungen gab, aber auch kritisierte. Das waren schon fast mehr als 100 Prozent, die er da gab. Das waren Überzeugung, Identifikation, Liebe zum Fußball. Und das erreichte nicht nur die Spieler, sondern auch die Zuschauer.

Vielleicht hat diese mühelos wirkende Spielzeit den einen oder anderen geblendet, die Bezirksliga ist dann eben doch ein ganz anderer Schnack. Trotzdem lieferten die Jungs regelmäßig ab und gerieten nie in Abstiegsgefahr. Platz elf nach 32 Partien, mit elf Siegen, acht Remis und  13 Niederlagen – eine Spielzeit ohne Sorgen, für einen Aufsteiger eigentlich eine tolle Sache. Aber nicht jeder im Umfeld fand dieses Resultat ausreichend. Wie es scheint, auch Boekhoff selbst nicht. Tatsächlich hatte auch ich insgeheim mit einer etwas höheren Platzierung gerechnet. Aber, wie gesagt, die Mannschaft ist in Teilen immer noch sehr jung, und die anderen laufen auch zu Elft auf.

„Wir haben elf Spiele absolviert. Ich bin überzeugt davon, dass die Mannschaft sehr, sehr viel Potenzial hat. Leider habe ich es nicht geschafft, dass dieses Potenzial abgerufen werden kann. Die Leistungen sind sehr instabil“
Borssums Ex-Trainer Thilko Boekhoff im Gespräch mit der Ostfriesen-Zeitung

Die aktuelle Spielzeit wirkte bisher wie eine Fortführung der vergangenen: Keine Sorgen nach unten, stattdessen immer mal wieder ein Blick in höhere Regionen. Nach zuletzt zwei harten Bauchlandungen (1:5 gegen den SV Hage, 1:4 beim TuS Pewsum) aber muss bei Thilko Boekhoff etwas zerbrochen sein. Im Gespräch mit der Ostfriesen-Zeitung gibt der frühere Oberliga-Spieler von Kickers Emden an, er sei überzeugt, die Mannschaft brauche neue Impulse, die Leistungen seien sehr instabil. Das ist zwar durchaus typisch für derart junge Mannschaften, aber es ist auch typisch Boekhoff, dass er nicht nach Ausreden sucht oder sich an der Position festklammert. Er will den maximalen Erfolg, für den müssen dann eben auch einmal unbequeme Entscheidungen gefällt werden. Und davon nimmt sich Boekhoff selbst nicht aus. Es ist oft schwerer zu gehen als zu bleiben.

Auch er war einmal jung: Thilko Boekhoff, zurückgetretener Coach des Fußball-Bezirksligisten Blau-Weiß Borssum. Foto: Martin Stromann
Auch er war einmal jung: Thilko Boekhoff, zurückgetretener Coach des Fußball-Bezirksligisten Blau-Weiß Borssum. Foto: Martin Stromann

Hier geht etwas Besonderes zuende

Von außen betrachtet – und die ziemlich einstimmigen Reaktionen aus Mannschaft und Umfeld bestätigen diesen Eindruck – geht hier etwas Besonderes zuende. Ich bin, wie viele andere offensichtlich auch, der Meinung, dass dieser Schritt nicht notwendig war. Boekhoff ist ein junger Trainer, der eine junge Mannschaft aus der Resignation des Abstiegs im Husarenstil zurück in die Bezirksliga führte, der Talente fördern und fordern kann und mit vollem Einsatz hinter seiner Aufgabe steht. Jemanden, der diese Fußstapfen ausfüllt, muss der Verein erst einmal finden. Und man muss kein Prophet sein um zu wissen, dass dieser neue Coach es schwer haben wird, aus dem Schatten Thilko Boekhoffs heraus zu finden. Vor allem auch, weil außer Boekhoff selbst kaum jemand davon überzeugt ist, dass dieser Schritt notwendig war. Aber: Die Entscheidung steht und muss respektiert werden.

Vorerst übernimmt Teammanager und Coach der Zwooten Christian Fraas die Erste Herren. Das ist erst einmal die beste Lösung, allerdings auch keine auf Dauer, weil diese Dreifachbelastung selbst einen positiv Verrückten wie Fraas belasten wird. Ein paar Tage jedenfalls hat Blau-Weiß Borssum gewonnen, eine „langfristige Lösung“ zu finden, wie man betont.

Mach’s gut, Coach!

Mir bleibt jetzt nur übrig, Thilko Boekhoff das Beste zu wünschen. Mach’s gut, Coach! Und ich bin gespannt, wo ich Dich irgendwann wiedersehe, an welcher Seitenlinie Du dann stehen wirst. Denn, dass Du eine allzu lange Pause vom Trainerjob einlegen wirst, das glaube ich nicht.

 

 

 

Von togo

Hat Trainerschein und Lust zum Schreiben - gefährliche Mischung. Findet Schirischelte billig und kann Schwalben nix abgewinnen. Höchste erreichte Ligen: Kreisliga (Spieler), Landesliga (Trainer), Oberliga (Funktionär).

Ein Gedanke zu „Mach’s gut, Coach!“

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